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Saudi-Arabien: 20 Jahre Haft für Tweets

Appell abgeschlossen

Dieser Appell ist beendet. Vielen Dank allen, die sich für Nguyen Thuy Hanh eingesetzt haben!

Mitarbeiter des Roten Halbmonds für humoristische Tweets verurteilt

Am 5. April 2021 verurteilte das Sonderstrafgericht (SCC) in Riad den 37-jährigen Abdulrahman al-Sadhan zu 20 Jahren Haft. Er befindet sich bereits seit dem 12. März 2018 im Gefängnis. Fast zwei Jahre lang wurde er ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten, seine Familie wusste nicht, wo er sich befand.

Grundlage für die Anklage gegen Abdulrahman al-Sadhan sind eine Reihe humoristischer Tweets, die von einem Account versendet worden waren, den er laut Staatsanwaltschaft betreiben soll. Der Haftstrafe soll ein 20-jähriges Reiseverbot folgen. Dem Urteil war ein unfairer Prozess vorausgegangen, das "Geständnis" dürfte unter Folter erpresst worden sein.

Die saudischen Behörden müssen Abdulrahman al-Sadhan sofort und bedingungslos freilassen.

 

Hintergrundinformationen

Abdulrahman al-Sadhan war an seinem Arbeitsplatz bei der Hilfsorganisation Roter Halbmond in Riad, als am 12. März 2018 plötzlich staatliche Sicherheitskräfte auftauchten. Sie beschlagnahmten sein Telefon und nahmen ihn ohne Haftbefehl fest. Anschließend brachten sie ihn an einen unbekannten Ort. Fast zwei Jahre lang hatte Abdulrahman al-Sadhan keinerlei Kontakt zur Außenwelt. Erst am 12. Februar 2020 durfte er zum ersten Mal seine Familie anrufen. In diesem Gespräch berichtete er, dass er im al-Ha'ir-Gefängnis festgehalten werde, das etwa 40 Kilometer südlich von Riad liegt.

Geheimer Prozess und Urteil

Am 3. März fand die erste geheime Anhörung von Abdulrahman al-Sadhan vor dem Sonderstrafgericht (SCC) statt. Dabei waren weder sein Rechtsbeistand noch sein Vater, der seinen Sohn bei der Verteidigung unterstützt hatte, anwesend. Grundlage für die Anklage gegen Abdulrahman al-Sadhan sind eine Reihe humoristischer Tweets, die von einem Account versendet worden waren, den er laut Staatsanwaltschaft betreiben soll.

Zu den Anklagepunkten, die in der ersten geheimen Anhörung vor dem Sonderstrafgericht (SCC) am 3. März 2021 gegen Abdulrahman al-Sadhan erhoben wurden, gehören "Finanzierung von Terrorismus", "Unterstützen und Bewerben einer terroristischen Vereinigung (ISIS)", "Erstellen, Aufbewahren und Versenden von Dingen, die die öffentliche Ordnung und die religiösen Werte beeinträchtigen könnten", "Einnehmen einer extremistischen Einstellung, die zur Ausgrenzung von Frauen aufruft und diese der ihnen gesetzlich garantierten Rechte beraubt" und "Beleidigung von Einrichtungen und Vertretern des Staates und Verbreitung falscher Gerüchte über sie".

An der zweiten Anhörung am 11. März durften der Vater von Abdulrahman al-Sadhan sowie ein vom Gericht bestellter Rechtsbeistand teilnehmen. Dieser durfte seinen Mandanten vor der Verhandlung nur 40 Minuten lang treffen. Außerdem bekamen er und der Vater von Abdulrahman al-Sadhan eine Stunde Zeit, um eine "Beweisliste" einzusehen, die mehr als 200 Seiten umfasste, auf denen humoristische Tweets aufgeführt waren. Diese sollen von einem Twitter-Account versendet worden sein, den Abdulrahman al-Sadhan betreiben soll. Neben den Tweets gehörte auch ein zweiseitiges "Geständnis" zu der "Beweisliste". Die Angehörigen von Abdulrahman al-Sadhan gehen davon aus, dass er dieses unter Zwang ablegte. Er sei gezwungen worden, das "Beweisdokument" – von dem weder sein Vater noch sein Rechtsbeistand eine Kopie erhielten – zu unterschreiben.

Bei der dritten Anhörung am 17. März trug der Rechtsbeistand von Abdulrahman al-Sadhan die Verteidigung vor, außerdem stellte sein Vater einen Antrag auf vorläufige Freilassung seines Sohnes. Dieser wurde ignoriert. Die vierte Anhörung am 22. März fand ohne den Vater und den Anwalt von Abdulrahman al-Sadhan statt, da diesen der Termin von den Behörden zu spät mitgeteilt worden war. Am 5. April verurteilte das SCC Abdulrahman al-Sadhan zu 20 Jahren Gefängnis, denen ein 20-jähriges Reiseverbot folgen soll. Auch das Urteil wurde in einer nicht-öffentlichen Verhandlung verkündet, an der weder sein Rechtsbeistand noch sein Vater teilnehmen konnten. Abdulrahman Al-Sadhan will Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen.

Das Sonderstrafgericht als Waffe

Ein im Februar 2020 veröffentlichter Bericht von Amnesty International, zeigt auf, wie die saudi-arabischen Behörden trotz aller Reformrhetorik das Sonderstrafgericht (SCC) als Waffe einsetzen, um Andersdenkende und Regierungskritiker*innen systematisch zum Schweigen zu bringen. Vor der ursprünglich als Anti-Terror-Gericht eingerichteten Behörde wurden sowohl zahlreiche friedliche Aktivist*innen als auch Geistliche und Angehörige der schiitischen Minderheit in grob unfairen Prozessen und mittels erpresster "Geständnisse" zu langen Haftstrafen oder zum Tode verurteilt. Mehrere Personen wurden bereits hingerichtet. Dieses Gericht ist eines der mächtigsten Werkzeuge des saudi-arabischen Staates, um kritische Stimmen in Saudi-Arabien mundtot zu machen.

Amnesty International fordert die sofortige und bedingungslose Freilassung aller Menschenrechtsverteidiger*innen, die wegen der friedlichen Ausübung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung inhaftiert sind. Zu den derzeit Inhaftierten gehören Mohammed al-Bajadi, Gründungsmitglied der inzwischen aufgelösten Saudi Civil and Political Rights Association (ACPRA) und prominenter Menschenrechtsverteidiger, sowie Salman al-Awda, ein reformorientierter Geistlicher, dem die Todesstrafe droht.

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